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Dienstag, 28. Januar 2014

Joanna Klysz-Hackbarth: Wzory ornamentalne Erazma Kamyna — złotnika poznańskiego z XVI wieku

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Joanna Klysz-Hackbarth
Wzory ornamentalne Erazma Kamyna — złotnika poznańskiego z XVI wieku

Książka jest obszerną, bogato ilustrowaną monografią złotnika poznańskiego Erazma Kamyna (zm. 1585 r.), jedynego znanego dziś twórcy sztychowych wzorów ornamentalnych z terenów Polski w XVI wieku, uznanego też za autora rycin herbowych, zdobiących dwa zachowane rękopisy tak zwanych Klejnotów Długoszowych. W oparciu o przekazy źródłowe oraz wnikliwe studia nad nowożytnymi wzorami ornamentalnymi, podjęto próbę rekonstrukcji dorobku graficznego Kamyna, a efekty tych starań prezentuje wyczerpujący Katalog. Przywołany w pracy, niezbędny kontekst sztuki euro-pejskiej pozwolił na określenie źródeł inspiracji oraz stopnia oryginalności sztychów złotnika. To z kolei stało się podstawą do refleksji nad obszarem ich oddziaływania, zwłaszcza na sztukę Poznania drugiej połowy XVI wieku.


wydanie I, Warszawa 2014
Format B5, s. 556, il. 360 + 19 tablic il.
ISBN: 978-83-7181-765-6
EAN: 9788371817656

http://www.dig.pl/index.php?s=karta&id=1052

Donnerstag, 28. Juni 2012

Günter Irmscher, Kölner Architektur- und Säulenbücher um 1600

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Irmscher, Günter: Kölner Architektur- und Säulenbücher um 1600,
Bonn: Bouvier Verlag 1999
ISBN-10: 3-416-02865-1

Rezensiert von: Jürgen Zimmer

Die Gattung der "Architektur- und Saeulenbuecher", ihre eigenartige Publikationsform zwischen Buch und Graphik, steht nicht gerade im Brennpunkt aktueller Diskussionen, sie stand es wohl nie, auch nicht in den Jahrhunderten ihres Entstehens und ihrer "Bluete", im 16. und 17. Jahrhundert. Es sollte darum auch keine Rolle spielen, dass das Buch, auf das hier aufmerksam gemacht werden soll, schon vor zwei Jahren erschienen ist.

Es beschaeftigt sich eingehend mit einer schwer zugaenglichen Quellengattung; schwer zugaenglich sowohl im praktischen wie im Verstaendnissinn. Sie ist eher in Bibliotheken als in graphischen Kabinetten zu finden. Bislang konnte nur vermutet werden, dass es sich dabei um Veroeffentlichungen von betraechtlicher Relevanz fuer Architekturgeschichte und Architekturtheorie, auch die Entwicklung der Ornamentik im noerdlichen Europa handelt. Zweifellos stehen die an Zahl geringen, sproeden Veroeffentlichungen von unterschiedlichem aesthetischem Reiz auch im Spannungsfeld von Handwerk und Kunst.

Nun ist der Gegenstand erstmals (wohl nur aus aeusserem Anlass auf Koeln konzentriert, obgleich diese Stadt tatsaechlich ein Zentrum jener Buch- und Graphikproduktion gewesen ist) weit ausgreifend in seinen kultur- und kunstgeschichtlichen, auch handwerksgeschichtlichen Kontext gestellt, kompetent und detailreich "aufgearbeitet". Vieles wird dem nicht mehr hinzuzufuegen sein, wenn nicht neue Quellen weitere Details vor allem zu den einzelnen Protagonisten liefern.

1956 hatte Erik Forssman diese Bild-Literatur wieder ins allgemeinere kunsthistorische Bewusstsein gebracht, die von Hubertus Guenther 1988 edierte Sammlung von Seminararbeiten zu den Vorlaeufern jener "Vorlagen"-Werke hat deren Genese beleuchtet. Seitdem hat sich kaum jemand mehr systematisch mit den Architekturbuechern des spaeten 16. und 17. Jahrhunderts befasst. So mangelte es vor allem an einem fundierten und genuegend umfassenden Ueberblick und zuverlaessigen Beschreibungen dieser Architekturbuecher. Beides hat Guenter Irmscher, der das Thema mit seinen Arbeiten zur Ornamentik und Goldschmiedekunst seit 1978 umkreist hat, mit der notwendigen Akribie geleistet.

Nach einer "Vorbemerkung" hat der Verfasser seine Arbeit in zwei grosse Teile mit jeweils zwei Unterabschnitten gegliedert: 1. - an Forssman erinnernd -: "Architektur, Saeule und Ornament" mit: "Vitruv und Vitruv-Nachfolger". Im Vitruv-Kapitel findet man eine treffliche Charakterisierung des roemisch-kaiserzeitlichen Architekturbuchs und seiner nachantiken Uebersetzungen und Interpretationen, beginnend bei Alberti und endend mit Hans Vredeman de Vries, sowie der Bedeutung dieses programmatisch vorbildlichen Werkes fuer die Architektur, den Baumeister und den Baubetrieb der fruehen Neuzeit. Man wird ueber die zentralen Kategorien unterrichtet, welche die hierarchischen Strukturen des "decor" (Vitruv) bzw. "decorum" (Horaz) bestimmten, die aesthetische Grundvoraussetzungen fuer das Verstaendnis der Architektur- und Saeulenbuecher. Die "Saeulenlehren" Serlios, Blums, Vignolas und de Vries' werden vorgestellt, ein Exkurs behandelt sinnvoller Weise an dieser Stelle die mittelalterliche Stillehre und endet mit Wendel Dietterlin. Alles in allem eine notwendige, jedoch streng auf das anstehende Thema hin gerichtete Durchdringung der historischen Voraussetzungen nach fast jeder moeglichen Richtung. Alles ist durch die gerade zu diesen grossen Themenkomplexen ungewoehnlich reichhaltige fruehere Forschung und Literatur belegt, dingfest gemacht und konzis dargestellt.

Ein wenig zu kurz mag dabei der von Vignola (1562) bis Laugier (dt. Uebers. d. 2. Ausg.1758) aktuelle kuenstler-soziologische Aspekt gekommen sein, wo es um die alte Frage geht, ob der Baumeister/Architekt nun primaer ein Handwerker oder ein Kuenstler sei. Einige der Architekturbuecher koennen naemlich auch als Zeugnisse des Strebens von Handwerkern nach dem gesellschaftlich mittlerweile hoeherwertigen Status des Kuenstlers (Architekten) verstanden werden.

Dem eigentlichen Thema ist der zweite Hauptteil gewidmet: "Die Koelner Architektur- und Saeulenbuecher", ein Gegenstand, der zunaechst, gegenueber dem im ersten Teil entwickelten weiten kultur- und kunstgeschichtlichen Rahmen, allzueng gefasst anmutet. Er ist dies aber keineswegs, denn die Darstellung der primaer handwerklichen Traditionen und Bedingungen, unter denen die graphischen Erzeugnisse der Schreinerzunft entstanden, setzt sich im gleichen Massstab fort. Der in der fruehen Neuzeit noch nicht so wie heute festgelegte Begriff "Architekt" wird thematisiert und mit ihm auch der des "vitruvianischen" Schreiners bzw. des "vitruvianischen" Architekten im Sinne der Zeit um 1600. Hier gibt es - u.a. aus den Zunftordnungen gewonnene - Erkenntnisse von Gewicht, die den Hintergrund fuer die Entstehung der Architektur- und Saeulenbuecherbuecher aufhellen.

Der zwischen Architekturtheorie und Ornamentik angesiedelte "Inhalt" dieser Buecher: Architektonische Formen, vor allem Saeulen, Termen, ornamentales Beiwerk, Laubwerk, "Rolwerk", "Schweiffen", auch ganze Tischlerarbeiten, wird eingehend beschrieben und in seiner Genese erklaert; eine kleine Geschichte der Moebelvorlagen folgt, bevor im 2. Hauptteil die Inventoren Veit Eck, Johann Jacob Ebelmann, Jacob Guckeisen, Gabriel Krammer und Rutger Kaseman mit ihren Werken umfassend behandelt werden. Der Verfasser katalogisiert kritisch die Buecher und Stich- bzw. Radierungsfolgen, wobei er verschiedene Ausgaben und Auflagen unterscheidet. Bei einer Gattung von Veroeffentlichungen, die auch in Einzelblaettern verbreitet waren und oftmals auch von den jeweiligen Besitzern individuell zusammengestellt worden sind, ist mit einer grossen Zahl nicht identischer Exemplare zu rechnen.

Der Verfasser hat offenbar zahlreiche Exemplare verglichen und seine Schluesse auf deren Vollstaendigkeit bzw. ihren fragmentierten oder gemischten Charakter gezogen. So waere es praktisch gewesen, er haette ein bestimmtes Exemplar, das er fuer vollstaendig befunden hat, zur Grundlage seiner Beschreibung genommen und dieses dann auch genau benannt (mit Aufbewahrungsort, Sammlung und Signatur). Vielleicht hat er dies auch getan, es in den Beschreibungen aber nicht deutlich gemacht. Hier hat er sich mit der Nennung von "Beispielen erhaltener Exemplare" begnuegt, in einzelnen Faellen scheint ihm auch keines bekannt geworden zu sein. Man weiss deshalb nie, ob seine Beschreibung nun ein (ideell) vollstaendiges Exemplar trifft oder ein konkretes, u.U. eines der "erhaltenen" Exemplare. Die Beschreibung der Werke ist dann auch nicht so genau, wie man es sich wuenschen wuerde. Man kann z.B. aus der Beschreibung des "Schweyf Bvoch" von Ebelmann/Guckeisen nicht entnehmen, dass es auch Text enthaelt. Erst bei den "Beispielen erhaltener Exemplare" erfaehrt man, dass es im Germanischen Nationalmuseum ein Exemplar "ohne Textseiten" gibt. In diesen Details bleibt der Katalog eingeschraenkt nuetzlich.

Die Architektur-, Saeulen-, Schreiner- und Ornamentbuecher bzw. Graphikfolgen sind nicht als Objekte fuer Antiquare, Buechersammler und Bibliothekare entstanden. Die Autoren wollten in erster Linie ihren Handwerkskollegen Vorlagen zur Anregung der eigenen Phantasie bereitstellen. Inwieweit die Buecher diesen Zweck erfuellt haben, ist noch kaum untersucht. Entsprechende Forschungen duerften denn auch mit betraechtlichen Schwierigkeiten zu rechnen haben. Auf jeden Fall haben Saeulenbuecher fuer den Export bestimmter Ornamentformen bis nach Kreta z.B., auch nach Lateinamerika eine Rolle gespielt, wie gelegentliche Untersuchungen nachgewiesen haben. Irmschers grundlegende Arbeit wird solche Forschungen kuenftig jedenfalls wesentlich erleichtern, zumal die beigegebenen Abbildungen zahlreich und von ausreichender Qualitaet sind.

In der einleitenden Skizze der Forschungslage zu seinem Thema fuehrt der Verfasser ein kleines Scheingefecht gegen die bisherige Forschung: Er kritisiert z.B. die Behandlung "seines" Themas im Dictionary of Art (1996) so, als wuesste er nicht, dass solch ein Lexikon der Kuenste aller Zeiten und Laender kein Kuenstlerlexikon ist. Es wird darin das Bekannte zusammengefasst und nicht das in jedem Artikel Dargestellte eigens erforscht. Wenn man die nackten Informationen zu den einzelnen Inventoren, die der Autor in seiner umfangreichen Arbeit bietet, ansieht, wird man feststellen, dass auch diese nicht weit ueber solche lexikongerecht konzentrierten Daten hinausgehen. Es fehlt eben an neu erschlossenen Quellen, wie der Verfasser selbst feststellt. Auch erklaert sich leicht, weshalb Gabriel Krammer mit seinen beiden, in Prag um 1600 erschienenen Architekturbuechern in "allen Publikationen zum derzeit modischen Thema der Kunst am Hofe Rudolfs II. in Prag nicht genannt wird". Eben deswegen, weil sich bisher niemand forschend so intensiv mit diesem "Rudolfiner" beschaeftigt hat, wie Irmscher. "Modisch" ist die Kunst am Hof Rudolfs II. wohl ohnehin niemals gewesen, sie war es auch 1997- 99 nicht durch die zwar spektakulaeren, im "Ergebnis" aber weitgehend redundanten Ausstellungen zwischen Essen (1988) und Prag (1997). Gleichwohl faellt die Bluetezeit der Architektur- und Saeulenbuecher mit derjenigen der Prager Hofkunst unter Rudolf II. zusammen und so ist es schon bemerkenswert, dass sich bis zu Irmscher niemand sonderlich fuer das Architekturwerk des aus Zuerich stammenden Krammer, der als Pfeifer bei der Trabantengarde des Kaisers arbeitete, interessiert hat.

Guenter Irmscher kann sich das Verdienst zurechnen lassen, zu einem selten behandelten Thema viel Neues beigetragen zu haben.

Quelle: http://arthist.net/reviews/216

Mittwoch, 6. Juni 2012

Die Rhetorik des Ornaments und Vom Parergon zum Labyrinth: Untersuchungen zur kritischen Theorie des Ornaments

rhetorik labirynth

Isabelle Frank Hartung, Freia, Hrsg. Die Rhetorik des Ornaments. München: Fink, 2001. 330 S. (broschiert), ISBN 978-3-7705-3515-6.

Gerard Raulet Schmidt, Burghart, Hrsg. Vom Parergon zum Labyrinth. Untersuchungen zur kritischen Theorie des Ornaments. Wien: Böhlau Verlag, 2001. 288 S. ISBN 978-3-205-99256-1.

Reviewed by Claudia Sedlarz (Berlin)
Published on H-ArtHist (September, 2002)

Die beiden im letzten Jahr erschienenen Aufsatzbaende zum Ornament aehneln sich darin, dass sie das Thema Ornament durch alle Epochen verfolgen, sich sowohl mit dem angewandten Ornament als auch mit seiner theoretischen Reflexion beschaeftigen und interdisziplinaer angelegt sind. Sie unterscheiden sich aber sehr deutlich in ihrer Fragestellung: der von Frank/Hartung herausgegebene Band legt Wert auf den historischen Ueberblick, derjenige von Raulet/Schmidt betont einen gegenwartsbezogenen gesellschaftskritischen Anspruch. Die Philosophen Gérard Raulet und Burghart Schmidt leiteten ueber zehn Jahre ein Forschungsprojekt, das bereits in den 1980er Jahren konzipiert und in franzoesisch-deutsch- oesterreichischer multiinstitutioneller Zusammenarbeit durchgefuehrt wurde. [1] Aus der Projektarbeit stammen theoretische und terminologische Vorgaben, auf die sich fast alle Beitraege des Bandes beziehen. Das Ornament wird ontologisch bestimmt als Parergon - Beiwerk, das sich zum Ergon, dem Hauptwerk, in einer hierarchisch untergeordneten Position befindet, jedoch nicht ohne Schaden von ihm abgetrennt werden kann. Die Synonymisierung von Ornament und Parergon beruft sich auf Vitruv und auf einen kurzen Abschnitt in Kants "Kritik der Urteilskraft", wo in der 2. Auflage die "Zieraten" auch Parerga genannt werden. 1978 hatte Derrida in "La verité en peinture" diese Bestimmung in die postmoderne Diskussion wieder eingefuehrt. Zunaechst erscheint die These der Herausgeber durchaus fruchtbar, das ungleichgewichtige Verhaeltnis von Ergon und Parergon wuerde als instabiles und damit besonders bewegliches, empfindlich auf sich veraendernde gesellschaftliche Verhaeltnisse reagieren und koenne als Indikator fuer solche Veraenderungen betrachtet werden. Gerade am Parergonalen, als dem beilaeufigen, nicht im Zentrum der Aufmerksamkeit stehenden, solle eine gesellschaftskritische "Kulturphilosophie" ansetzen, die als umfassende Interpretation der Alltagskultur, der Warenwelt, der Sitten und Gebraeuche verstanden wird, sich also keineswegs auf visuelle Phaenomene beschraenken will. Problematisch ist die These dort, wo sie dazu einlaedt, die Relation von Ergon und Parergon auf eine Opposition von gesellschaftlicher Macht und Unterdruecktem zu verkuerzen, in der die herrschenden Diskurse als Ergon figurieren, das von ihr unterdrueckte als Parergon. So anspruchsvoll argumentierend das Vorwort sich gibt, so wenig ueberzeugen die meisten Beitraege des Bandes. Zum Teil erscheint die Auswahl der Gegenstaende allzu beliebig, vor allem aber werden kaum Versuche zu einer originaeren Phaenomenologie des Ornaments, des Parergonalen oder der Alltagskultur unternommen, sondern fast alle Autoren beschraenken sich auf die Exegese von Texten, insbesondere von kanonischen Texten der Theoretiker der Alltagskultur wie Walter Benjamin und Georg Simmel. Zu den interessanteren Beitraegen zaehlt Roger Behrens' Beschaeftigung mit der Geschichte des Plattencovers. Unter Verweis auf Wolfgang Fritz Haug, Wolfgang Welsch und Benjamin versteht Behrens seine Arbeit als Beitrag zur Kritik der Warenaesthetik und zur Philosophie des Designs. Diskutiert wird das Problem der Verdinglichung der Musik zur Ware ebenso wie der daraus folgende Designaufwand, der von der Musikindustrie betrieben wird, um Musik mit einem Image zu verbinden, das sich in subkulturellen Abgrenzungsstrategien behaupten kann. Heinrich Niehues-Proebsting beschaeftigt sich mit den Kleidermoden, geht allerdings einer empirischen Auseinandersetzung mit dem Gebrauch der Mode in der Gegenwart aus dem Weg und beschraenkt sich darauf, aus philosophischen Texten von der Antike bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts (naemlich aus Georg Simmels Essay ueber "Die Mode") Zitate zum Thema zusammenzustellen und zu paraphrasieren. Zusammenfassend stellt er fest, dass Nachahmung, Differenzierung und "das Neue" die "formalen Grundelemente der Mode" seien. Dieses wenig sensationelle Ergebnis wird dadurch nicht aufregender, dass es in einem fuer diesen Band typischen Argumentationsschema gewonnen wurde: zunaechst wird feststellt, Mode wuerde von den Philosophen fuer ein philosophiefernes Thema gehalten, dann wird das Thema vor dieser behaupteten Ignoranz gerettet. So schreiben die Herausgeber im Vorwort: "Die systematische Philosophie missachtet grundsaetzlich das Ornament; ja sie ist es, die es zum bloss Parergonalen, Ueberfluessigen, gar Schaedlichen herabgesetzt hat und es nur insofern rehabilititierte, als sie es mit der unbedingten autonomen Schoenheit gleichsetzte. Die Kulturphilosophie laesst ihm im Gegenteil Gerechtigkeit widerfahren [.]". Weiterhin argumentieren die Herausgeber, dass sich seit dem 18. Jahrhundert die ornamentgenerierenden Ordnungen des Decorums mehr und mehr aufgeloest haetten und von "unterdeterminierten", "desorientierenden" Formen des Labyrinthischen abgeloest wuerden. Vom Labyrinth wird einerseits als von einer "ornamentalen Struktur" gesprochen, andererseits ist es metaphorisch zu verstehen: vom "Ueberwuchern des Parergonalen ueber das Ergonale" ist die Rede. Das Labyrinth als Ornament wird nur von einem Aufsatz behandelt, naemlich von Ursula Frankes Beitrag zur Gartenkunst im allgemeinen und das Heckenlabyrinth in Versailles im besonderen. Harald Lemkes Text "Die labyrinthische Sprechsituation - Zur Umwegigkeit des Sinns im Erzaehlen", referiert zwar zunaechst den Mythos von Minotaurus, der im von Daedalus erbauten Labyrinth gefangen gehalten wurde, verliert sich dann aber voellig in einer ausschweifenden Rede ueber das "witzige Erzaehlen". Die Lektuere dieses Aufsatzes ist - in gewisser Weise - durchaus erheiternd, wie sich vielleicht an folgendem Zitat ermessen laesst: "Angesichts des notwendigen Nachvollzugs und der unabwendbaren Gefahr des Sichverlierens im Erzaehlen drueckt sich in der Erleichterung des Lachens auch die Befreiung von der Unlust gegenueber der moeglichen Abwegigkeit und Unsinnigkeit des Erzaehlten aus. Als Ausdruck des Gelingens erweist sich demnach ueberhaupt erst im Lachen (der Beteiligten) die Witzigkeit des Erzaehlten. Das Lachen applaudiert gleichsam der Faehigkeit des Erzaehlenden, sich in der elementaren Lebenskunst bewiesen zu haben, erzaehlerisch umwegig Lebenssinn spinnen zu koennen. Wird also das witzige Erzaehlte von einem Lachen (der Zuhoerenden) begleitet, vergnuegen sich die Beteiligten mit Freude an der - allein erzaehlerisch gelungenen -Leichtsinnigkeit des Lebens." Im Anschluss liefert Manfred Moser unter dem Titel "Die Eroberung des Labyrinths - Eine ont-oto-logische [sic] Diagnose" einen Essay ueber die Geschichte der Erforschung des Gehoers. Der durchgaengig ironische Ton laesst schliessen, dass der Autor selbst seinen Gegenstand nicht ernst nimmt. Die Auswahl desselben rechtfertigt sich ausschliesslich durch die ornamentale? oder labyrinthische? Form von Ohrmuschel und Gehoergang. Der Erkenntniswert tendiert gegen Null. Gérard Raulets Aufsatz ueber die "Dialektik des Ornaments bei Walter Benjamin" geht von einer neuen Synonymisierung aus: "So wie aber alle Ornamente Phantasmagorien sind, sind umgekehrt alle Phantasmagorien in gewissem Sinn Ornamente". Die Mode sei eine solche Phantasmagorie, die fuer Benjamins Geschichtsphilosphie eine zentrale Bedeutung hat. Das Exposé zum Passagenwerk, "Paris, die Hauptstadt des 19. Jahrhunders" und andere Texte Benjamins unterzieht Raulet einer Lektuere, die diese Begriffe hervorhebt. Gleichzeitig verweist er auf den parergonalen Charakter von Benjamins Schriften, die sich durch das Fragmentarische, Sammlerische, Skizzenhafte auszeichnen. Fuer Raulet ist Benjamin der Gewaehrsmann fuer seine eigenen These, die er im Vorwort und an anderer Stelle (vgl. Anmerkungen) ausgefuehrt hat: die problematischen Zustaende der Moderne kristallisieren sich im Umgang mit dem Ornament. Man kann Raulet selbst keinen Mangel an analytischer Schaerfe vorwerfen, leider aber vielen Beitraegen des von ihm mitherausgegeben Bandes. Es ist bedauerlich, dass der an sich hochinteressante Anspruch, Untersuchungen zum Ornament mit gesellschaftskritischen Fragestellungen zu verbinden, so wenig eingeloest wurde. Dass von 15 Aufsaetzen (wobei drei Autoren jeweils gleich zwei Texte geliefert haben) genau einer von einer Frau verfasst wurde, der Aufsatz von Ursula Franke ueber das Labyrinth im Landschaftsgarten, der zudem als einzig "klassisch" kunsthistorischer Aufsatz deutlich aus dem philosophischen Rahmen faellt, sei zuletzt kommentarlos angemerkt.

***

Der von Frank/ Hartung herausgegebene Band resultiert aus einem 1998 in Potsdam veranstalteten Symposium "On Ornament", das gemeinsam vom Potsdamer Einsteinforum und dem Bard Graduate Center for Studies in the Decorative Arts abgehalten wurde. Erklaertes Ziel war "den spezifischen Entwicklungsgang der abendlaendischen Ornamentik von der Antike bis ins fruehe 20. Jh. hinein in grossen Zuegen nachzuvollziehen." - Diese bescheidenere heuristische Vorgabe erweist sich als die wesentlich tragfaehigere. Eine systematische Geschichte der Ornamentik wird nicht geliefert, sondern die Autoren beschaeftigen sich mit dem Status des Ornaments in verschiedenen Zusammenhaengen und Epochen und entwickeln dabei je ihre eigenen Theorien des Ornaments. Alina Payne geht in der Betrachtung der Geschichte der Ornamenttheorien am weitesten zurueck. In ihrem Aufsatz ueber die Etablierung des Figurenplastik in der italienischen Architektur des cinquecento stellt sie dar, wie die Architekturtheoretiker der Renaissance die schon in Vitruvs "De architectura" angelegte Isolierung des Ornaments aus dem Funktionszusammenhang des Gebauten nutzten, um auf der Suche nach einem Regelwerk fuer die Anwendung der Ornamente die bereits ausgearbeiteten komplexen Theorien der Rhetorik auf die Architektur zu uebertragen. Das isolierte und autonomisierte Ornament kann als Zitat verwendet werden und damit die Architektur sich am zeitgenoessischen "imitatio-Diskurs" beteiligen. Anne-Marie Sankovitch zeigt am Beispiel der Beschreibungen von Saint-Eustache (erbaut 1532-1640) in Paris, wie diese ueber Jahrhunderte eingeuebte Sicht auf das Bauornament als Schmuck, der der Konstruktion nur aufgesetzt ist, zu der durch das 19. und 20. Jahrhundert hindurch frappierend gleichfoermig formulierten Ansicht aller Beschreiber fuehrt, dass hier gotische Struktur mit klassizistischem Ornament verkleidet sei. Ausgehend von dieser Feststellung betreibt Sankovitch eine Diskursanalyse des Begriffspaars Struktur/Ornament. Gérard Raulet, der auch in diesem Band mit einem Beitrag vertreten ist, entwickelt seine schon andernorts vorgetragenen Thesen [2] von der Ornamentik als Indikator fuer gesellschaftliche Veraenderungen um 1800, die auch fuer die oben vorgestellten Thesen des Parergon-Bandes erhellend sind. Seine Argumentation geht davon aus, dass Ende des 18. Jahrhunderts mit dem Ende feudaler Herrschaftsformen die Systeme der Repraesentation sich aendern. Die Ornamentik kann sich nicht mehr auf ein auf rhetorischen Traditionen beruhendes decorum beziehen, das Ornament wird sozusagen frei, neue Inhalte aufzunehmen. Die neuen Diskurse buergerlicher und nationaler Identitaetsbildung bemaechtigen sich des Ornaments als Bedeutungstraeger. Mehrere Beitraege widmen sich der Geschichte der Ornamenttheorie im 19. Jahrhundert. Andreas Haus untersucht die Ornamenttheorien des 19. Jahrhunderts im Hinblick darauf, wie sie das Ornament als Ausdruck eines ueberbewussten kollektiven "Kunstwollens", eines Zeitstils interpretierten. Von den Romantikern bis zu Riegl und Woelfflin zeichnet er die Entwicklung einer Kunstgeschichte als Geschichte der Weltanschauungen nach, die sich deutlicher als im mimetischen Bild, an den dekorativen Formen nachweisen lassen. Isabelle Frank fragt nach der Materialitaet bzw. Medialitaet des Ornaments. Ist es nur eine Oberflaechenerscheinung? Gibt es ein "reines" Ornament? Durch einen Vergleich der Illustrationen der Werke des britischen Ornamentsammlers Owen Jones und Alois Riegls zeigt sie, wie deren Theoriebildung auf der Isolation der Ornamente aus ihrem funktionalen Kontext bei Jones und bei Riegl auf der Abstraktion der ornamentalen Formen in zweidimensionale Linienzeichnungen beruht. Im Gegensatz zum erstgenannten Band ist hier kein Beitrag zuviel und thematische Ueberschneidungen fuehren nicht zu Redundanzen, sondern zu gegenseitiger Beleuchtung der Thesen. Schade nur, dass das Vorwort des Bandes nicht das wagt, was von Raulet/Schmid immerhin versucht wurde: eine Zusammenstellung der im Band vorgetragenen Thesen unter einem zusammenfassenden Gesichtspunkt zu geben. Die Lektuere beider Baende zeigt wie ergiebig eine Beschaeftigung mit dem Ornament sein kann. Dabei sind manche Fragen gar nicht angesprochen worden, z.B. wie es sich mit den Beziehungen von Ornament und Bild verhaelt. Ernst Gombrich hat mit seinem wahrnehmungspsychologischen Zugang zum Thema schon vorgearbeitet [3]. Angesichts der gegenwaertigen eifrigen Debatten um Bilder und den Bildbegriff koennte eine Fortfuehrung der Ueberlegungen zum semantischen Status des Ornaments diese Konjunktur nuetzen und ihr moeglicherweise auch neue Impulse geben.

Anmerkungen:

[1] Michel Collomb, Gérard Raulet (Hrsg.): Critique de l'ornement; de Vienne à la postmodernité, Paris : Mèridiens- Klincksieck 1992. - Gérard Raulet, Burghart Schmid (Hrsg.): Kritische Theorie des Ornaments, Wien: Boehlau 1993. - Ursula Franke, Heinz Paetzold (Hrsg.): Ornament und Geschichte. Bonn: Bouvier 1996.

[2] Vgl. dazu auch den Aufsatz von Raulet "Ornament und Geschichte. Strukturwandel de repraesentativen OEffentlichkeit und Statuswandel des Ornaments in der AEsthetik des 18. Jahrhunderts", im oben zitierten von Franke/Paetzold herausgegebenen Band, S. 19 - 43.

[3] The sense of order. A study in the psychology of decorative art. Oxford: Phaidon 1979, dt. Ernst H. Gombrich: Ornament und Kunst. Schmucktrieb und Ordnungssinn in der Psychologie des dekorativen Schaffens, Stuttgart: Klett-Cotta 1982.

Dienstag, 27. März 2012

Ornament and the Grotesque. Fantastical Decoration from Antiquity to Art Nouveau

groteska

In the fifteenth century, the ruins of Nero's Domus Aurea were discovered in Rome. The first explorers to enter the interior of this spectacular palace complex had the sensation of finding themselves in a series of grottoes, and this is why the fanciful frescoes and floor mosaics discovered there were called "grotesques."

A fashionable form of ornamentation in ancient Rome, grotesques consist of loosely connected motifs, often incorporating human figures, birds, animals, and monsters, and arranged around medallions filled with painted scenes. Fifteenth-century artists such as Perugino, Signorelli, Filippino Lippi, and Mantegna copied the ancient Roman examples; the most famous use of the style was Raphael's Loggie in the Vatican Palace, which became immensely famous and influential all over Europe.

This magnificently illustrated book covers the entire history of the grotesque in European art, from its Roman origins through the Renaissance to the late nineteenth century. It illuminates how grotesque decoration was transformed in the seventeenth and eighteenth centuries into arabesque, chinoiserie, and singeries, and how it continued in the nineteenth century, leading eventually to Art Nouveau. 250 color illustrations.

Alessandra Zamperini
Ornament and the Grotesque. Fantastical Decoration from Antiquity to Art Nouveau
Thames & Hudson, 2008, 978-0500238561

Dienstag, 20. März 2012

Ornament in Europa 1450-2000. Eine Einführung.

irmscher

Vermittelt wird eine Geschichte der Ornamente seit der Renaissance (ca. 1450) bis heute. Erläutert werden konstitutive Grundformen eines jeden Ornaments, seine Begriffsherkunft, sein zumeist antiker oder außereuropäischer Ursprung, seine neuzeitliche Anwendungsgeschichte und seine jeweils angemessene Verwendung (decorum).


Verlag: Deubner Verlag Für Kunst 2005
Seitenzahl: 190
ISBN-13: 9783937111100
ISBN-10: 3937111107

Montag, 12. März 2012

From Ornament to Object Genealogies of Architectural Modernism [Alina Payne]

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From Ornament to Object Genealogies of Architectural Modernism Alina Payne

Publication date: 31 Jul 2012
ISBN:9780300175332
Dimensions:336 pages: 254 x 178mm
Illustrations:62 colour images + 108 black-&-white illustrations

In the late 19th century, an enduring preference for highly ornamented architecture gave way to a budding Modernism of clean lines and unadorned surfaces. At the same moment, everyday objects - cups, saucers, chairs, and tables - began to receive critical attention. Alina Payne addresses this shift, arguing for a new understanding of the genealogy of architectural modernism. Rather than the well-known story in which an absorption of technology and mass production created a radical aesthetic that broke decisively with the past, Payne argues for a more gradual shift, as the eloquence of architectural ornamentation was taken on by objects of daily use. As she demonstrates, the work of Adolf Loos and Le Corbusier should be seen as the culmination of a conversation about ornament dating as far back as the Renaissance. Payne looks beyond the usual suspects of philosophy and science to establish theoretical catalysts for the shift from ornament to object in the varied fields of anthropology and ethnology; art history and the museum; and, archaeology and psychology.

The World of Ornament

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The World of Ornament
David Batterham

Release Date: October 2009
Publisher. Taschen Verlag
ISBN:978-3836510264
Language: English, French, German
Features: 528 Pages, full color, hardcover, Slipcase and Image
Format: 39,8 x 26,6 x 5,8 cm

A compendium of history's most elegant and beautiful patterns and ornamental designs at your fingertips—for perusal or download anytime, in high-resolution format. World of Ornament brings together the two greatest encyclopedic collections of ornament of the 19th century: Racinet's L'Ornement polychrome Volumes I and II (1875-1888) and Dupont-Auberville's L'Ornement des tissus (1877). Adapted from historical items dating from antiquity, including jewelry, tiles, stained glass, illuminated manuscripts, textiles and ceramics, these ornamental designs encompass a wide range of cultural and esthetic motifs and patterns—including classical Egyptian, Greek, Roman, Etruscan, Asian and middle-Eastern, as well as European designs from medieval times through the 19th century.

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